Immer wieder kursiert in der Wissenschaft die These, dass es eine Verbindung zwischen Virusinfektionen und einer späteren Hirnerkrankung geben könnte. Im Rahmen einer Studie wurden nun die Daten von 300.000 finnischen Bürgern näher unter die Lupe genommen, von denen 26.000 an einer degenerativen Erkrankung des Gehirns wie die Alzheimer-Erkrankung, dem Morbus Parkinson oder einer weiteren schweren Erkrankung des Nervensystems betroffen waren. Die Forscher ermittelten, ob die betroffenen Teilnehmer in den Jahren zuvor stationär aufgrund einer schweren Viruserkrankung vorstellig gewesen waren.
Im Ergebnis zeigte sich, dass in zunächst 45 Fällen eine entsprechende Vorerkrankung erfolgt war. Bei etwa 50 % von ihnen konnte der Zusammenhang zwischen einer Viruserkrankung und der neurodegenerativen Veränderung bestätigt werden. Fast 6 % der Patienten dieser seltenen Erkrankung zeigten Jahre später das Morbus Alzheimer-Erkrankungsbild. In der Allgemeinbevölkerung liegt dieser Wert deutlich niedriger.
Eine entsprechende Verbindung einer Viruserkrankung zur Demenz trat hauptsächlich dann auf, wenn die Viren in das Gehirn eintreten konnten. Interessanterweise trat die neurodegenerative Erkrankung in den meisten Fällen recht kurzfristig innerhalb des ersten folgenden Jahres auf. Aufgrund dieser sehr kurzfristigen körperlichen Reaktion stehen einige Wissenschaftler dem herausgearbeiteten Zusammenhang zwischen einer Virusinfektion und dem erhöhten Risiko für eine Demenz eher skeptisch gegenüber.
Denn derzeit wird davon ausgegangen, dass es vom Beginn der Morbus Alzheimer- oder der Morbus Parkinson-Erkrankung bis zum Auftreten erster Symptome einer sehr viel längeren Zeitspanne bedarf. Vor diesem Hintergrund stehen weitere Untersuchungen an, um die Annahme zu bestätigen, dass es eine Verbindung zwischen einer schweren Virusinfektion und degenerativen Gehirnerkrankungen gibt.
Levine, K. et al.
Virus exposure and neurodegenerative disease risk across national biobanks
Neuron
1/2023